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Priming beeinflusst unsere Entscheidungen

Hans-Otto Thomashoff weiß: „Andauern nimmt unsere Psyche unbewusst äußere Reize auf und passt sich an sie an. Meist, ohne dass wir das merken.“ Jugendliche bekamen einen Text zu lesen, der Wörter enthielt, die man mit einem hohen Lebensalter assoziiert, wie „schwerhörig“, „Schmerzen“, „geschwächt“, „behindert“, „Hautfalten“ oder „Bridge“. Anschließend brauchten diese Jugendlichen signifikant länger für den Weg zu einem Gedächtnistest in einem Nebengebäude und schnitten auch deutlich schlechter als eine Vergleichsgruppe. Man spricht bei einer solchen Beeinflussung durch unbewussten Anker von Priming. Ohne dass man es bewusst realisiert, ist man durch Priming beeinflussbar. Wer eine wärme Tasse Kaffee in Händen hält, schätzt andere Menschen als warmherziger ein. Hans-Otto Thomashoff ist Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse in eigener Praxis in Wien.

Manipulationen lauern überall

Wer in einem Chefsessel sitzt, lässt die Meinungen anderer weniger gelten. Wer ein weiches Sitzkissen hat, ist kompromissbereiter in Verhandlungen. Hans-Otto Thomashoff fügt hinzu: „Priming beeinflusst unsere Entscheidungen beim Konsum und in der Politik, ja selbst auf unser Selbstgefühl und unseren Körper wirkt es ein. Wer bewusst eine betont dominante Körperhaltung einnimmt, bei dem steigt der Testosteronwert im Blut.“ Der Selbstverstärkung sei Dank, hat jede Anpassung unserer Psyche die Tendenz, eine sich selbst weiter verstärkende Eigendynamik anzustoßen.

Selbsterfüllende Prophezeiungen bestätigen daher die Erwartungshaltung. Hans-Otto Thomashoff nennt ein Beispiel: „Frauen, die vor einem Mathematiktest ihr Geschlecht angeben mussten, schnitten um 30 Prozent schlechter ab als solche, die vor dem Test nicht daran erinnert wurden, dass sie eine Frau waren.“ Manipulationen lauern überall. Jeder von uns ist für sie empfänglich, da sie an den Fallstricken unserer Psyche ansetzen. Man kann ihnen nur vorbeugen, indem man sich klarmacht, wie sie funktionieren und wie leicht man ihnen erliegt.

In der Regression arbeitet die Psyche auf kindlichem Niveau

Gerade in der Politik verstärkt oft unsere Regressionsneigung die Anfälligkeit für Manipulationen. Hans-Otto Thomashoff erklärt: „Wenn wir Angst haben, wütend sind oder uns in einer Sache nicht auskennen, vertrauen wir ganz automatisch anderen. Ein Politiker, der uns vertrauenswürdig erscheint, hat dann die besten Chancen, von uns gewählt zu werden.“ Weil es ehrlich ist oder weil er uns vorspielt, dass er ehrlich ist. Oder weil er die Quadratur des Kreises schafft wie jüngst Donald Trump glaubhaft zu verstehen gibt, dass er nie behauptet hat, ehrlich zu sein. Demnach ist er ehrlich.

In der Regression arbeitet die Psyche auf kindlichem Niveau. Das Gefühl herrscht vor, ist oft überschwänglich und anfällig für Schwankungen, der Verstand hingegen hat Pause. Hans-Otto Thomashoff stellt fest: „Wenig überraschend besteht das Ziel politischer Manipulation darin, uns gezielt in die Regression zu drängen. Wahlstrategen wissen nur zu gut, dass unsere Stimmungen unser Verhalten meist stärker beeinflussen als unsere bewussten Entscheidungen.“ Quelle: „Mehr Hirn in die Politik“ von Hans-Otto Thomashoff

Von Hans Klumbies

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